w&v Edition No. 5 - Mai 2023
Text Peter Hammer
Das Buch in die Hand zu nehmen, langsam durchzublättern, sich zu erinnern, hier und da einen Beitrag zu lesen - welch eine Wohltat in Zeiten von künstlicher Intelligenz und KI-generierter Kommunikation. "Reklamiker. Ein Dossier" heißt das im wahrsten Sinne gewichtige Werk, das der schwäbische Ex-Agenturchef Michael Bilek herausgegeben hat. Es ist ein Rückblick und eine Würdigung der "goldenen Jahre der Werbung" und etlicher ihrer Protagonisten. Mit einem klaren Fokus auf Print. Oder wie es an einer Stelle im Buch heißt: "Facetten einer prägenden Epoche vor dem Algorithmus."
Wer nun erwartet, dass die Zeitreise im Hardcover-Format von den 60er- bis zu den 2000er-Jahren eine Art Bilderbuch ist mit zahlreichen Beispielen, bekannten wie weniger bekannten, der wird enttäuscht. Oder auch nicht. Denn Bilek taucht viel tiefer in die Thematik ein. Klar, es gibt prominente Motive unter anderem für Mercedes zu sehen, kreiert von Springer & Jacoby. Aber wichtiger ist die Geschichte zur Agentur, ihren Anfängen - samt einem Beitrag von Konstantin Jacoby.
Auch fehlen nicht die die legendären Motive, die einst den VW Käfer in den Staaten bekannt machten. Aber viel spannender sind die Texte zu und von Menschen, die Werbung maßgeblich beeinflusst haben. Sicherlich nehmen die persönlichen Erfahrungen des Herausgebers einen nicht unerheblichen Raum ein, so Bileks Jahre bei Agenturen wie Witzgall, FDS (Fey Dressel Schlichenmaier) und auch Leonhardt & Kern. Aber dann gibt es wieder Essayistisches und Nachdenkenswertes zu lesen über einzelne Personen, seien es Helmut Schmitz, Wolf D. Rogosky oder die Typo-Legende Kurt Weidemann. Letzeres mit einem kleinen Exkurs zur Rolle und Bedeutung von Typografie.
Manche Qualitäten haben auch gelitten.
Erinnerungen von Thomas Rempen, Jochen Pläcking oder Werner Butter dürfen in "Reklamiker" ebenso wenig fehlen wie Reinhard Siemes und die Werbegeschichte des Klinkenherstellers FSB. Oder ein Interview mit dem renommierten US-Grafikdesigner Milton Glaser. Eine amüsante Lektüre sind die Entstehungsgeschichten zu Kampagnen, die zu den Evergreens schlechthin gehören: So für den Fiat Panda, die "tolle Kiste", oder die Schweppes-Kampagne aus dem Hause GGK: "Heute schon geschweppt ?" Was die Kapitel eint: Es geht um fähige Köpfe, große Projekte und Kampagnen sowie um alles, was dahintersteckt an Mut, Strategie und Talent, an Grafik, Textarbeit und Fotografie.
Gleichzeitig erzählt das Buch von einer Branche, die sich radikal verändert hat. Nicht unbedingt nur zum Besseren. Manche Qualitäten, das vermitteln Bilek und seine Mitautoren, scheinen gelitten zu haben, beispielsweise wenn es um Sensibilität für Sprache geht, um Handwerkliches, aber auch um Ästhetik. Und, aktueller denn je: Das Buch stellt die Frage nach dem Respekt vor dem Konsumenten und die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft.
"Reklamiker. Ein Dossier" ist eine Fundgrube für alle, die Freude an Werbung und deren Machern haben. Es ist ein kurzweiliges und inspirierendes Werk, das trotz des Fokus auf vergangene Zeiten nicht gestrig wirkt. Erschienen ist das Buch in Fadenheftung in der Edition Mixtumcompositum. Weitere Infos gibt es zudem auf der gleichnamigen Website.
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New Business Magazin Österreich - April 2023
Text Albert Sachs
"Die Liebe zu GGK Basel und zur Schweizer Typographie begleitet mich seit der Lektüre des Druckspiegel ab den 60ern", schreibt Herausgeber Michael Bilek. Diese Prägung lässt sich dann auch in "Reklamiker" nicht wirklich verbergen. Über weite Strecken wirkt dieses Buch wie direkt aus einem GGK Büro, egal ob in Basel, Frankfurt oder Wien entsprungen: klare Typo, kurze Statements, knappe Sätze, markante Aufmachung, pure Ästhetik. All das in dieser Dichte zu sehen, ist ein wunderbarer Genuss, hat die GGK mit ihren so unterschiedlichen Büros und doch so einheitlicher Corporate Identity über Jahre, ja sogar Jahrzehnte, die Werbung in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich (mit)geprägt.
Doch "Reklamiker" nur auf die optische Aufmachung zu reduzieren, wäre viel zu kurz gegriffen. Dieser prächtige Band ist eine Wundertüte. Nein, eine Schatzkiste. Zumindest für all jene, die ein bisschen was mit Werbung anfangen können. Es ist aber auch eine ganz phantastische Inspirationsquelle für alle jene, die täglich ihr Geld mit Werbung verdienen oder für Werbung ausgeben.
Da finden sich ganz wunderbare, ebenso unterhaltsame wie aufschlussreiche Essays, Interviews, Porträts und und und von, über und mit Paul Gredinger, Michael Schirner, Walter Lürzer, Charles Wilp, Werner Butter, Reinhard Springer, Wolf Lotter, Martin Suter usw. usf. Dann die ganzen Verwandten der der GGK-Töchter, Schwestern, Nichten, Tanten, Freundinnen und ein paar Ahnen. Unternehmen, Marken, Kampagnen, Schlagzeilen.
Man mag einfach nicht aufhören, diesen Wälzer durchzublättern, wieder und wieder auf Entdeckungsreise zu gehen. Von vorne nach hinten. Von hinten nach vorne. Von irgendwo mittendrin nach irgendwohin mittendrin. Sich verlieren. Sich verirren. Nach Wegmarken suchen. Zeitdokumente finden. Unbekanntes entdecken.
Danke, danke für dieses Zeitdokument von der klassischen Werbung der Epoche Print bis heute, für das Insiderwissen und die Fakten, für viele persönliche Notizen, für Feuilletonistisches und Vergnügliches.
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medienmanager.at - April 2023
Provokant, elegant, informativ.
Reklamiker würdigt die klassische Werbung.
Ein bibliophiles Meisterstück zum Handwerk guter Werbung, Reklamiker - ein Dossier (edition mixtumcompositum) von Michael Bilek zeigt klare Kante in Inhalt und Gestaltung: Eine Hommage an die klassische Werbung der Epoche Print, ein über 500 Seiten starkes Zeitdokument, aus dem kritisch und kompromisslos Insiderwissen und Fakten, persönliche Notizen, Feuilletonistisches und Vergnügliches quellen.
Nach Jahrzehnten als leidenschaftlicher Werber zoomt der Autor nahe heran an das "goldene Zeitalter der Werbung", das mit der rauen Marketing-Realität von heute nicht mehr viel zu tun hat. Kenntnisreich blickt er auf fähige Köpfe, große Projekte und Kampagnen und auf alles, was dahintersteckt an Mut, Strategie und Talent, an Graphik, Textarbeit und Fotografie.
Was hier an Wissen, Erlebtem und Reflektiertem einfließt, schöpft er aus großer Tiefe. Gestalterisch spiegelt das hochwertige Hardcover-Buch die Qualität der Inhalte wider. Erstklassig in der Verarbeitung, erfüllt es Seite für Seite die Kriterien exzellenter Buchgestaltung.
Sein Buchprojekt erzählt von einer sich radikal veränderten Branche, ohne sich über die Transformation von print zu digital zu beklagen: Vielmehr stellt Michael Bilek dasVerblassen von Qualitäten und Tugenden in Bezug auf Sprache, Stil, Handwerk und Esprit fest. Darum geht es ihm unterm Strich um die Würdigung von entsorgten Grundprinzipien, um den Verlust von Respekt vor dem Publikum und die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Genau dieser Fokus macht das akkurat konzipierte Werk zu einem lehrreichen, aber auch vergnüglichen Backstage-Spaziergang auf der Werbebühne seit den sechziger Jahren.
Reklamiker ist nicht nur für Werbe- und Marketingprofis bis hinein in die Chefetagen aller Unternehmen, werbefachliche und Kunst-Akademien sowie Museen interessant, sondern für alle, die schöpferische Sprache mit Anspruch und Ästhetik in der Gestaltung zu schätzen wissen. Mehr Infos unter: www.reklamiker.de
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